Es ist eine Lehr- und Lernform, die gesellschaftliches Engagement von Schülern und Studenten mit fachlichem Lernen verbindet. [s. Wikipedia]
Den Grundgedanken gibt es schon über 100 Jahre. Altersgerechte Lern- und Erlebnisräume standen Pate bei der Pfadfinderbewegung, die 1907 von Robert Baden-Powell gegründet wurde.
Neu ist, dass Service (in der Übersetzung als Engagement für die Allgemeinheit) Teil des Unterrichts ist. Das ist notwendig, weil junge Mensch die freiwilligen Angebote nicht annehmen, um sich gesellschaftlich zu engagieren.
In früheren Jahrzehnten gab es diese Notwendigkeit nicht. Man setzte auf Freiwilligkeit. Viele junge Menschen wurden nebenbei mit gesellschaftlichen Engagement vertraut gemacht. Im meist ländlichen Raum erhielten Kinder automatisch Aufgaben, die sie bewältigen konnten. In der Schule gab es durch gesellschaftlich engagierte Lehrer Hinweise auf die Angebote von DLRG, Rotem Kreuz, Jugendfeuerwehr und Pfadfindern. Die wurden gern angenommen. Ab dem Alter von 15 oder 16 konnten (und können) sich Schüler und Studenten in den internationalen Lagern der Kriegsgräberfürsorge engagieren und dabei interkulturelle Zusammenarbeit und die Folgen von unverantwortlicher Politik kennenlernen.
Fakten und Folgen unserer Geschichte erhalten andere Dimensionen. Sie werden begriffen, weil man Erkenntnisse nicht nur auf der Basis einer Suche bei Google oder der Wikipedia formuliert.
Wenn die wenigen verbliebenen Fakten der Gefallenen auf den Grabsteinen mit dem Pinsel neue Farbe erhalten, nimmt man wahr, dass diese Menschen oft kaum älter waren, als man selbst, als sie aus dem Leben gerissen wurden.
Wenn derartige Tätigkeiten im Rahmen von Unterricht in einer Schulklasse oder einem Hochschulseminar zur Pädagogik stattfinden, spricht man von Service Learning.
Natürlich könnten die Gräber von Millionen Kriegstoten komplett von ortsansässigen Dienstleistern oder Gärtnereinen gepflegt werden: Man macht genormte Ausschreibungen für jeden Friedhof und vergibt die Arbeiten an den jeweils billigsten Dienstleister. Damit erspart man sich die Kosten für die Workcamps, die Öffentlichkeitsarbeit und die Organisation der Teilnehmer. Die Pflege der in Reih und Glied bestatteten Kriegstoten würde nur wenige Euro pro Grab kosten. Die europaweit addierten Gesamtkosten pro Jahr bewegen sich dann auf der Höhe der Kosten eines modernen Kampfflugzeuges. Wenn man in diesen wirtschaftlichen Kategorien denkt, beraubt man jedoch die junge Generation um Erfahrungen. Wer diese Gräberfelder im Rahmen des Neudeutschen Begriffs des Service Learnings wahrgenommen hat, wird Politik bewusster wahrnehmen und den Wert des langanhaltenden Friedens in einem geeinten Europa zu schätzen wissen damit keine neuen Soldatenfriedhöfe eingerichtet werden müssen.
Bisher ist die Teilnahme an Workcamps Privatsache.
Mit Service Learning könnte der Dienst am Gemeinwohl zum Bestandteil von Unterricht werden. Solche Projekte führen von der Kleinteiligkeit des Fachunterrichts weg und hin zu fächerübergreifendem Denken und Handeln. Auf dem Soldatenfriedhof führt man nicht nur Maler und Gärtnerarbeiten aus, man spricht auch über das, was zu dieser Anlage geführt hat. In der Regel auch in Fremdsprachen, weil diese Workcamps international angeboten sind und als Begegnungsstätten konzipiert wurden. Soziales Engagement könnte kaum nachhaltiger für Unterrichtszwecke eingeplant, reflektiert und mit Inhalten der Bildungs- und Lehrpläne verknüpft werden.
Das oben genannte Szenario greift Bewährtes auf und nutzt Erfahrungen. Lediglich die Zielgruppe wird neu definiert: Schulklassen statt Freiwilliger.
Man kann jedoch auch neue Konzepte erproben, um interessante und nachhaltige Felder für das Service Learning zu erschließen. Im eingebetteten Video gibt es ein Szenario für die MINT-Fächer. Kreativität macht weitere Szenarien denkbar: Projektwochen in der Oberstufe zur Integration von Zuwanderern unter Berücksichtigung der allgemein vorhandenen Kulturzugangsgeräte.
Viele junge Menschen nutzen mit Hingabe ihre Smartphones und Notebooks zum Spielen und Abhängen in der Freizeit. Jenseits des Spielens und des WhatsAppens ist ihre Medienkompetenz eher gering, weil die bisherigen Lehrpläne den sinnvollen Gebrauch der Informationstechnik kaum berücksichtigen. Hierzulande sind gedruckte Bücher für den Zugang zur Kultur und den Erwerb von Bildung noch der Standard. Die digitale Nachfolgetechnologie hat es wegen der Technikphobie eines großen Teils der Pädagogen noch schwer. Da könnten Pilotversuche in einer Kombination von explorativem eLearning und Service Learning neue kreative Wege eröffnen.
Die Einbeziehung dieser Kulturzugangsgeräte in den Unterricht ist wichtig. Das zeigen auch internationale Studien. Wer die moderne Hardware nur als Spielekonsolen begreift oder als Gegenstand des Informatikunterrichts, verhindert die Zukunftsfähigkeit von Bildung und Ausbildung. Vor allen Dingen zementiert man die Chancenungleichheit. Bildungsferne Schichten und Zuwanderer haben nicht die Möglichkeit, ihren Kindern zeitgemäße Bildung an privaten Eliteschulen oder Hochschulen zu eröffnen.
Wenn der Lehrernachwuchs und die aktiven Lehrer mit den Möglichkeiten der Kulturzugangsgeräte und der notwendigen Mediendidaktik vertraut gemacht werden, könnte die Kleinteiligkeit des Fachunterrichts durch fächerübergreifenden Projektunterricht unter Einbeziehung des Service Learnings stattfinden.
Weil Mediendidaktik wichtig ist und das eLearning nach der Schule eine wichtige Rolle im lebenslangen Lernen spielt, hat Konrad Rennert ein Konzept erarbeitet, welches auf der Basis einer CC-BY-Lizenz alle Nutzungsmöglichkeiten eröffnet. Kommerzielle Nutzung ist ebenso denkbar, wie der Einsatz im Projektunterricht, der auch die Methode des Service Learning einschließen kann, wenn das Gemeinwohl seinen Platz findet: Ausbildung für Flüchtlinge unterstützen (PDF, 10 Seiten)
s. auch https://konrad-rennert.de/multimediale-sprach-und-ausbildungsfoerderung-fuer-zuwanderer