Ich bin mir mit den meisten Lehrern und Ausbildern bewusst, dass ein Großteil der im Unterricht eingesetzten Materialien von Kollegen stammt, die nicht gerecht honoriert werden. Es ist nicht fair die Werke anderer Autoren auf Papier oder elektronischen Medien ohne deren Einverständnis zu kopieren.
Wikipedia und YouTube sind eine wertvolle Bereicherung für unsere Wissensgesellschaft. Ehrenamtliches Schaffen sichert jedoch nicht den Unterhalt von uns Lehrern und Ausbildern. Wettbewerb und eine gerechte Vergütung von Leistungen sind die Triebkraft unserer Wirtschaft und deren Fundament ist die Bildung und Ausbildung.
Durch die Unkenntnis der durch das Urheberrecht (Urhg) gegebenen Gestaltungsmöglichkeiten verbauen wir uns viele Chancen: http://www.gesetze-im-internet.de/urhg/
Es ist genauso legitim für die Erstellung von elektronischen Werken zur Bildung, Aus- und Weiterbildung ein Honorar zu fordern, wie es Ärzte, Architekten und Handwerker schon immer bekommen. Diese Einsicht ist bisher unterentwickelt. Autoren sind keine Juristen und Juristen kennen kaum die Probleme der Lehrer und Ausbilder, die nebenbei auch Autoren sind. Solch kreatives Freizeitschaffen als Autor produziert eine Vielfalt von guten multimedialen Werken für den Unterricht. Ohne gerechte Honorierung schwindet die Motivation ein Werk zu schaffen, es zu verbessern oder weiterzugeben. Kaum einer kann es sich leisten, Zeit in professionelle Arbeit zu investieren, die dann von anderen kostenlos genutzt wird.
Einige scheinbar gut gemeinte Sonderregelungen im Urhg sind schädlich und tragen zur Demotivierung bei der Weiterentwicklung und Weitergabe eigener Werke bei. Besonders der § 52a über die öffentliche Zugänglichmachung für Unterricht und Forschung ist bedenklich. Einerseits wird uns damit die kostenlose Nutzung vieler Materialien erlaubt andererseits ist durch Einbeziehung derartiger Werke die kommerzielle Verwertung des entstandenen Werkes untersagt. Jeder Autor verspielt die Lizenz zum Geldverdienen, wenn er fremde Werke unter Berufung auf §52a einbezieht.
Als langjähriger Autor freue ich mich über jeden Euro, den mir meine eigenen Werke einspielen. Seien es die Werbeeinnahmen aus meinen YouTube-Videos zu Datenbank- und Kalkulationsthemen oder die Lizensierung meiner 7 Lerneinheiten zum Computerführerschein durch eine Berufsschule.
Diese Einnahmen wären ausgeschlossen wenn ich mich nicht entschlossen hätte, im Sinne des UrhG sauber zu arbeiten und auf Sonderregelungen wie den §52a zu verzichten.
Das geltende Urheberrecht ist komplex und bietet aber bei genauer Betrachtung auch vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten zur Monetarisierung und zur Kontrolle der Weitergabe eigener Werke. Der §31 des Urhg schließt neue Lizenzmodelle für Unterrichtsmaterial ein, z.B. einen im Folgenden näher erläuterten frei aushandelbaren Vertrag, den ich mit „Referenzielle Nutzerlizenz“ bezeichnen möchte.
Definition: Die Referenzielle Nutzerlizenz wird von Urhebern oder Rechteinhabern angeboten.
Im Folgenden werden Anbieter als Lizenzgeber (LG) benannt. LG bieten ihr gesamtes Werk oder Teile davon im Internet an. Die möglichen Lizenznehmer (LN) bieten ein Honorar an, um das Werk im gewünschten Umfang zu nutzen. Mögliche LN legen die räumliche, zeitliche und inhaltliche Verwertung im Rahmen des deutschen Urhg selbst fest. Wird das Angebot vom Lizenzgeber (LG) angenommen, wird es über einen Link Bestandteil aller Websites des LN die Teile des Werkes vom LG beinhalten. Damit ist die Kontrolle der vertragsgemäßen Nutzung für alle Beteiligten möglich.
Wie könnte die Einführung gelingen
Als Fallbeispiel biete ich meine gesamten Werke aus den letzten zehn Jahren mit referenzieller Nutzungslizenz an. Das schließt sowohl Kurse auf meinen Moodle-Plattformen als auch über 400 Videos ein, die bisher frei bei YouTube abrufbar sind. Interessenten können mir ab sofort Angebote machen. Wenn ich sie für annehmbar halte, werden sie hier als Fallbeispiel präsentiert.
Wer als zukünftiger LG seine Werke unter der beschriebenen referenziellen Nutzerlizenz anbieten möchte, wird hier mit einem Link zu seiner eigenen Angebotsseite aufgenommen. Das ist eine Übergangslösung für die Startphase bis ich einen oder mehrere Partner gefunden habe, die interessiert sind, einen webbasierten Katalog in Form einer Datenbank oder eines Wiki aufzubauen.
Mit Hilfe des Kataloges könnten interessierte LN, z.B. Firmen, Lehrer und Ausbilder Kontakte mit den LG aufnehmen, wenn sie an ganzen Werken oder Teilen davon interessiert sind.
LN kennen ihre Anforderungen an online bereitgestelltes Material am besten und sie begründen im Angebot auch, wieviel sie für die Beschaffung der vorhandenen Werke zu zahlen bereit sind. Es gibt keine Preisbindung wie im Buchhandel sondern nur den Willen einer vertraglichen Regelung die beiden Seiten gerecht wird. Der Kunde wird als möglicher LN zuerst aktiv und beschreibt den gewünschten Nutzungsumfang: Welches Material vom vorhandenen Gesamtwerk des LG soll von wem ab wann und wie lange genutzt werden. Der LN darf das Werk vertragsgemäß verändern oder ergänzen. Mit einer vertraglich geregelten Honoraraufteilung und Urheberrechtskennzeichnung darf der LN das von ihm veränderte Werk weitergeben und selbst zum LG werden. Zur Veranschaulichung dienen drei Beispiele in Anlehnung an meine Autorentätigkeit.
Beispiel 1: Der Informatiklehrer des Gymnasiums in Musterstadt will für einen einmalig stattfindenden Leistungskurs zu relationalen Datenbanken dem LG Konrad Rennert 100 Euro zahlen, wenn er dessen gesamtes im Internet bereitstehendes Material für die Dauer eines Schuljahres auf die Lernplattform der Schule kopieren darf. Falls der Kurs später wiederholt werden sollte, zahlt er für jeden weiteren Kurs, der das Material nutzt noch einmal 50 Euro. Falls der Fachlehrer (LN) die von Konrad Rennert bereitgestellten Materialien ergänzt und zu gleichen Konditionen mit einer Referenziellen Nutzerlizenz an Fachkollegen weitergibt, zahlen diese ein zu verhandelndes Honorar von dem 50 Euro pro Kurs und Jahr an den ursprünglichen LG Konrad Rennert fließen, solange Teile von dessen Material verwendet werden.
Beispiel 2: Die Informatikdozenten der Fachhochschule in Musterstadt wollen ihre Seminare mit einem permanenten Online-Angebot zum Einstieg in die Welt der Datenbanken ergänzen. Aus dem Budget für Unterrichtsmaterial bieten sie dem Autor (LG) Konrad Rennert 2000 Euro an, wenn sie dessen gesamtes im Internet zum Angebotsdatum bereitstehendes Material auf die Lernplattform der Hochschule kopieren und verändern dürfen. Die Nutzungsdauer ist zeitlich unbegrenzt. Die Nutzergruppe ist begrenzt auf das Personal und die eingeschriebenen Studenten der FH. Eine Weitergabe des lizensierten Materials an andere Einrichtungen kommt nur in Frage, wenn sie mit einem neuen Vertrag mit dem LG zu vergleichbaren Konditionen geregelt wird.
Beispiel 3: Das Berufsbildungswerk (BBW) in Musterstadt hat einen Ausbilder beauftragt, während seiner Arbeitszeit einen Moodle-Kurs für die aktuellen Windows-Betriebssysteme zu erstellen. Die Kursteilnehmer werden in einer kurzen Präsenzveranstaltung eingewiesen, wie sie die 20 Videos und die 100 Fragen zum automatisch beurteilten Selbsttest nutzen sollen, damit sie nach ein paar Tagen an einer beaufsichtigten Lernkontrolle mit Benotung teilnehmen können. Das BBW hat 5000 Euro in das Gehalt und die Nebenkosten für den Ausbilder investiert. Das BBW hat damit alle Rechte zur Weitergabe der selbst finanzierten Lerneinheit. Es könnte als LG auftreten und den Windowskurs an ähnliche Einrichtungen weitergeben. Andere BBWs oder BFWs könnten dem BBW in Musterstadt statt eines Geldbetrages für die Nutzungslizenz auch Kurse anbieten, die sie selbst unter Berücksichtigung des UrhG produziert haben, z.B. einen Mathe, WiSo- oder Englisch-Kurs.
Zusammenfassung des Ablaufs bei der Lizensierung
Autoren, die als LG referenzielle Nutzerlizenzen anbieten, stellen einen Katalog der in Frage kommenden Werke bereit. Kunden, die als LN Nutzungsrechte erwerben möchten, machen per E-Mail ein Angebot an den Autor (LG). Nimmt er das Angebot an, schreibt er eine Rechnung mit den angebotenen Konditionen an den LN. Dieser hat dann genau die im Angebot gewünschten Rechte, wenn er den Rechnungsbetrag nachweislich gezahlt hat. Die Rechtmäßigkeit wird durch Links zur Nutzungsvereinbarung nachgewiesen, die als JPG oder PDF-Datei sowohl auf den Websites vom LN und vom LG gespeichert sind. Die Verlinkung ist nicht nur eine Referenz zum Nachweis eines gültigen Vertrages, sondern auch Werbung, damit andere Interessenten Vorlagen für neue Angebote an die Autoren haben.
PS: Ich interessiere mich an der Zusammenarbeit mit Autoren und Juristen welche schon Erfahrungen mit Lernplattformen haben.